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Auflassung

Inhaltsverzeichnis

Die Auflassung ist ein zentraler Begriff im deutschen Immobilienrecht und bezeichnet die dingliche Einigung zwischen Verkäufer und Käufer über den Übergang des Eigentums an einem Grundstück oder einer Immobilie. Sie ist neben der Eintragung ins Grundbuch eine zwingende Voraussetzung für den Eigentumsübergang. Ohne Auflassung kann kein wirksamer Eigentumsübergang stattfinden, selbst wenn der Kaufpreis bereits gezahlt wurde. Für Immobilienkäufer und -verkäufer ist das Verständnis der Auflassung essentiell, da sie ein unverzichtbarer Bestandteil jedes Immobilienerwerbs ist.

Auflassung

Rechtliche Grundlagen der Auflassung

Die rechtliche Grundlage für die Auflassung findet sich im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB). Besonders relevant sind die §§ 873 und 925 BGB, die den Eigentumsübergang an Grundstücken regeln.

Nach § 873 Abs. 1 BGB sind für die Übertragung des Eigentums an einem Grundstück zwei Voraussetzungen erforderlich:

  1. Die Einigung des Berechtigten und des anderen Teils über den Eintritt der Rechtsänderung (Auflassung)
  2. Die Eintragung der Rechtsänderung in das Grundbuch

§ 925 BGB regelt die Form der Auflassung: Sie muss bei gleichzeitiger Anwesenheit beider Teile vor einer zuständigen Stelle erklärt werden. Zuständige Stellen sind Notare oder Grundbuchämter.

Was ist die Auflassung genau?

Die Auflassung ist die dingliche Einigung zwischen Verkäufer (Veräußerer) und Käufer (Erwerber) darüber, dass das Eigentum am Grundstück auf den Käufer übergehen soll. Sie ist zu unterscheiden vom schuldrechtlichen Kaufvertrag:

Schuldrechtlicher Kaufvertrag: Begründet die Verpflichtung des Verkäufers, das Eigentum zu übertragen, und die Verpflichtung des Käufers, den Kaufpreis zu zahlen.

Auflassung (dingliche Einigung): Bewirkt zusammen mit der Grundbucheintragung den tatsächlichen Eigentumsübergang.

Dieser Unterschied ist grundlegend für das deutsche Rechtssystem und wird als Trennungsprinzip bezeichnet: Die Verpflichtung zum Eigentumsübergang (Kaufvertrag) und der Eigentumsübergang selbst (Auflassung plus Eintragung) sind zwei getrennte Rechtsgeschäfte.

Der Auflassungsprozess im Detail

Der typische Ablauf beim Immobilienkauf gestaltet sich wie folgt:

Schritt 1: Kaufvertrag Der notarielle Kaufvertrag wird beurkundet. In diesem Vertrag verpflichtet sich der Verkäufer zur Übereignung und der Käufer zur Kaufpreiszahlung. Meist wird die Auflassung bereits in diesem Termin erklärt.

Schritt 2: Auflassung Die Auflassung erfolgt typischerweise im selben notariellen Termin wie die Beurkundung des Kaufvertrags. Verkäufer und Käufer müssen dazu persönlich oder durch bevollmächtigte Vertreter anwesend sein. Sie erklären vor dem Notar ihre Einigung darüber, dass das Eigentum übergehen soll.

Schritt 3: Auflassungsvormerkung Der Notar veranlasst die Eintragung einer Auflassungsvormerkung im Grundbuch. Diese sichert den Anspruch des Käufers auf Eigentumsübertragung ab.

Schritt 4: Fälligkeitsmitteilung Nach Eintragung der Auflassungsvormerkung und Vorliegen weiterer Voraussetzungen (z.B. Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamts) erhält der Käufer die Fälligkeitsmitteilung. Nun muss er den Kaufpreis zahlen.

Schritt 5: Eigentumsumschreibung Nach Kaufpreiszahlung beantragt der Notar die Eigentumsumschreibung beim Grundbuchamt. Mit der Eintragung des neuen Eigentümers geht das Eigentum über.

Die Auflassungsvormerkung

Die Auflassungsvormerkung ist ein wichtiges Sicherungsinstrument im Immobilienkaufprozess. Sie wird nach der Auflassung ins Grundbuch eingetragen und sichert den Anspruch des Käufers auf Eigentumsübertragung.

Funktion: Die Vormerkung verhindert, dass der Verkäufer das Grundstück anderweitig verkauft oder belastet. Sollte er es dennoch versuchen, sind solche Verfügungen dem Käufer gegenüber unwirksam.

Rangstelle: Die Auflassungsvormerkung sichert dem Käufer den Rang im Grundbuch. Spätere Eintragungen können ihm nicht mehr vorgehen.

Kosten: Für die Eintragung der Auflassungsvormerkung fallen Grundbuchkosten an, die Teil der Anschaffungsnebenkosten sind.

Löschung: Nach erfolgter Eigentumsumschreibung wird die Vormerkung automatisch gelöscht, da ihr Zweck erfüllt ist.

Formerfordernisse der Auflassung

§ 925 BGB schreibt strenge Formerfordernisse für die Auflassung vor:

Gleichzeitige Anwesenheit: Beide Parteien (oder deren bevollmächtigte Vertreter) müssen gleichzeitig anwesend sein. Dies kann auch bei verschiedenen Notaren geschehen, wenn die Notare gleichzeitig per Telefon oder Videokonferenz verbunden sind.

Zuständige Stelle: Die Auflassung muss vor einem Notar oder beim Grundbuchamt erklärt werden. In der Praxis erfolgt sie fast immer notariell.

Notarielle Beurkundung: Die Auflassungserklärung wird vom Notar protokolliert und dokumentiert.

Identitätsprüfung: Der Notar prüft die Identität der Beteiligten und ihre Verfügungsberechtigung.

Diese strengen Formvorschriften dienen dem Schutz vor übereilten Entscheidungen und sichern die Rechtsklarheit.

Unterschied zwischen Auflassung und Eigentumsübergang

Ein häufiges Missverständnis ist die Annahme, dass mit der Auflassung bereits das Eigentum übergeht. Dies ist nicht der Fall:

Auflassung = Einigung über den Eigentumsübergang Die Auflassung ist nur die erste Voraussetzung für den Eigentumsübergang. Sie schafft die rechtliche Grundlage, aber noch nicht den Vollzug.

Eigentumsübergang = Auflassung + Grundbucheintragung Erst mit der tatsächlichen Eintragung des neuen Eigentümers im Grundbuch geht das Eigentum über. Bis dahin bleibt der Verkäufer zivilrechtlicher Eigentümer, auch wenn der Käufer bereits gezahlt hat.

Besitzübergang vs. Eigentumsübergang Oft wird im Kaufvertrag ein früherer Besitzübergang vereinbart (z.B. bei Fertigstellung eines Neubaus). Der Käufer kann dann bereits einziehen und nutzen, ist aber noch nicht Eigentümer. Dies birgt Risiken, weshalb eine professionelle Beratung empfehlenswert ist.

Kosten der Auflassung

Die Kosten für die Auflassung sind Teil der Notarkosten und richten sich nach dem Gerichts- und Notarkostengesetz (GNotKG). Sie werden auf Basis des Kaufpreises berechnet.

Die Auflassung selbst kostet etwa 20% der gesamten Notarkosten. Bei einem Kaufpreis von 400.000 Euro ergeben sich ungefähr:

  • Gesamte Notarkosten: ca. 6.000 Euro
  • Davon für Auflassung: ca. 1.200 Euro
  • Auflassungsvormerkung: ca. 800 Euro

Diese Kosten sind gesetzlich geregelt und bundesweit einheitlich. Sie sind Teil der Anschaffungsnebenkosten, die zusätzlich zum Kaufpreis anfallen.

Auflassung bei verschiedenen Immobilientypen

Eigentumswohnungen Bei Eigentumswohnungen wird das Sondereigentum aufgelassen. Voraussetzung ist eine gültige Teilungserklärung und Abgeschlossenheitsbescheinigung. Die Auflassung bezieht sich auf die konkrete Wohneinheit samt Miteigentumsanteil am Gemeinschaftseigentum.

Grundstücke Bei unbebauten Grundstücken erfolgt die Auflassung des Grundstücks selbst. Hier ist besonders auf die exakte Bezeichnung nach Flurstück und Gemarkung zu achten.

Einfamilienhäuser und Mehrfamilienhäuser Die Auflassung umfasst Grundstück und Gebäude gemeinsam. Eine getrennte Auflassung ist nicht möglich, da das Gebäude nach deutschem Recht wesentlicher Bestandteil des Grundstücks ist.

Erbbaurecht Bei Erbbaurechten wird nicht das Grundstück selbst, sondern das Erbbaurecht aufgelassen. Dies folgt ähnlichen Regelungen, ist aber rechtlich zu unterscheiden.

Besonderheiten und Problemfälle

Auflassung ohne Kaufvertrag Theoretisch kann eine Auflassung auch ohne vorherigen Kaufvertrag erklärt werden, etwa bei Schenkungen. In der Praxis ist dies aber selten, da beide Erklärungen meist zusammen erfolgen.

Nachträgliche Auflassung Wurde im ursprünglichen Kaufvertrag die Auflassung vergessen oder war sie unwirksam, muss sie nachgeholt werden. Dies erfordert einen neuen notariellen Termin.

Auflassung durch Vertreter Die Auflassung kann durch bevollmächtigte Vertreter erklärt werden. Die Vollmacht muss notariell beglaubigt sein.

Tod einer Partei vor Grundbucheintragung Verstirbt der Verkäufer nach Auflassung, aber vor Grundbucheintragung, können die Erben den Eigentumsübergang nicht mehr verhindern. Die Auflassung bleibt wirksam.

Insolvenz des Verkäufers Wurde die Auflassung vor Insolvenzeröffnung erklärt und die Auflassungsvormerkung eingetragen, ist der Käufer geschützt. Der Insolvenzverwalter kann die Übereignung nicht mehr rückgängig machen.

Auflassung und Immobilienbewertung

Bei der Immobilienbewertung durch zertifizierte Sachverständige spielt die Auflassung eine indirekte Rolle. Der ermittelte Verkehrswert ist der Wert, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr erzielt werden kann – unabhängig von den Formalien des Eigentumsübergangs.

Allerdings kann bei Gutachten für Finanzierungszwecke relevant sein, ob die Auflassung bereits erklärt wurde und eine Auflassungsvormerkung eingetragen ist. Dies gibt der Bank Sicherheit über die Ernsthaftigkeit des Kaufvorhabens.

Bei Wertermittlungen im Erbfall oder bei Scheidungen ist zu klären, ob eine Auflassung bereits erfolgt ist, auch wenn die Grundbucheintragung noch aussteht.

Häufige Fragen zur Auflassung

Kann die Auflassung widerrufen werden? Grundsätzlich nein. Die Auflassung ist bindend. Ein Widerruf ist nur in seltenen Ausnahmefällen möglich, etwa bei Anfechtung wegen Irrtums oder arglistiger Täuschung.

Was passiert, wenn der Käufer nicht zahlt? Hat der Käufer die Auflassung bereits erklärt, aber zahlt dann nicht, bleibt die Auflassung wirksam. Der Verkäufer muss seine Rechte aus dem Kaufvertrag geltend machen, kann aber die Eigentumsumschreibung durch Verweigerung seiner Mitwirkung verzögern.

Muss ich persönlich beim Notar erscheinen? Ja, oder Sie können einen bevollmächtigten Vertreter mit notariell beglaubigter Vollmacht entsenden. Eine reine Unterschrift unter dem Vertrag reicht nicht.

Wann bin ich als Käufer geschützt? Sobald die Auflassungsvormerkung im Grundbuch eingetragen ist, sind Sie weitgehend geschützt. Vorher besteht das Risiko, dass der Verkäufer anderweitig verfügt.

Checkliste Auflassung

  • Notartermin vereinbart
  • Identitätsnachweise mitgebracht
  • Kaufvertrag sorgfältig geprüft
  • Auflassung im Notartermin erklärt
  • Auflassungsvormerkung beantragt
  • Eintragung der Vormerkung abwarten
  • Fälligkeitsmitteilung erhalten
  • Kaufpreis überwiesen
  • Eigentumsumschreibung erfolgt
  • Grundbuchauszug mit neuer Eintragung erhalten

Fazit

Die Auflassung ist ein unverzichtbarer rechtlicher Schritt beim Immobilienerwerb in Deutschland. Sie stellt sicher, dass der Eigentumsübergang ordnungsgemäß und rechtssicher vollzogen wird. Das zweistufige System aus Auflassung und Grundbucheintragung mag kompliziert erscheinen, bietet aber maximale Rechtssicherheit für alle Beteiligten. Die notarielle Betreuung garantiert, dass alle rechtlichen Anforderungen erfüllt werden und beide Parteien umfassend geschützt sind.

Für Immobilienkäufer ist wichtig zu verstehen, dass sie erst mit der Grundbucheintragung vollständiger Eigentümer werden – die Auflassung allein reicht nicht aus. Die Auflassungsvormerkung bietet jedoch bereits wichtigen Schutz während des Übergangs.

Unser Leistungen

Immobilienbewertung Steinlein

Seit 2017 beschäftigen wir zertifizierte Immobiliengutachter für die Bewertung von Immobilien. Unabhängig und neutral erstellen wir Kurzgutachten (Verkehrswert), Verkehrswertgutachten sowie Markt- und Beleihungswertgutachten für finanzwirtschaftliche Zwecke. 

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