Als Altbau werden in Deutschland Gebäude bezeichnet, die vor einem bestimmten Stichtag errichtet wurden. Die genaue Definition variiert je nach Kontext und Region, üblicherweise gelten jedoch Gebäude mit Baujahr vor 1949 als Altbauten. In einigen Städten, insbesondere in Großstädten mit Gründerzeitvierteln, werden auch Gebäude bis etwa 1960 oder sogar 1970 umgangssprachlich als Altbau bezeichnet.

Baujahrgrenzen und Epochen
Die klassische Definition des Altbaus orientiert sich am Ende des Zweiten Weltkriegs (1945) beziehungsweise am Jahr 1949, dem Gründungsjahr der Bundesrepublik Deutschland. Gebäude, die davor errichtet wurden, weisen typische Merkmale der jeweiligen Bauepoche auf:
Gründerzeit (ca. 1870-1914): Häuser dieser Epoche zeichnen sich durch hohe Decken (oft 3-4 Meter), Stuck, Holzbalkendecken, Dielenfußböden und repräsentative Fassaden aus. Diese Altbauten sind besonders in Innenstadtlagen beliebt.
Jahrhundertwende und Jugendstil (ca. 1890-1914): Gebäude mit kunstvollen Verzierungen, Erkern und ornamentalen Fassadenelementen.
Vorkriegszeit (1918-1939): Häuser aus dieser Zeit sind oft schlichter gestaltet, zeigen aber noch solide Handwerksqualität.
Charakteristische Merkmale von Altbauten
Altbauten unterscheiden sich in mehreren wesentlichen Punkten von Neubauten:
Bauweise: Altbauten wurden typischerweise in massiver Ziegelbauweise mit dicken Außenwänden (oft 40-60 cm) errichtet. Die tragenden Wände sind gemauert, Decken bestehen häufig aus Holzbalken mit Füllungen oder aus Gewölben.
Raumhöhe: Eine der charakteristischsten Eigenschaften ist die großzügige Raumhöhe von meist 2,80 bis 4 Metern, die modernen Neubauten mit ihren standardisierten 2,40-2,50 Metern deutlich überlegen ist.
Grundrissgestaltung: Altbauwohnungen verfügen häufig über großzügig geschnittene Zimmer, oft mit Flügeltüren verbunden. Die Grundrisse sind weniger standardisiert als bei Neubauten.
Ausstattung: Originalelemente wie Kassettentüren, Stuck, Parkettböden, Dielenböden und hohe Fenster prägen das Erscheinungsbild. Häufig sind auch Kachelöfen, Wandvertäfelungen oder historische Badezimmerausstattungen erhalten.
Vorteile von Altbauten
Altbauten bieten zahlreiche Vorzüge, die sie für viele Käufer und Mieter besonders attraktiv machen:
- Charakter und Charme: Die historische Bausubstanz und architektonischen Details verleihen Altbauten eine einzigartige Atmosphäre
- Zentrale Lagen: Viele Altbauten befinden sich in gewachsenen Innenstadtlagen mit guter Infrastruktur
- Raumgefühl: Hohe Decken und großzügige Räume schaffen ein besonderes Wohngefühl
- Massive Bauweise: Dicke Wände bieten guten Schallschutz und Wärmespeicherung
- Wertstabilität: In begehrten Lagen sind Altbauten oft wertbeständiger als Neubauten
Herausforderungen und Nachteile
Trotz ihrer Vorzüge bringen Altbauten auch spezifische Herausforderungen mit sich:
Energetische Sanierung: Altbauten entsprechen meist nicht den heutigen energetischen Standards. Die Sanierung muss oft behutsam erfolgen, um die Bausubstanz nicht zu schädigen. Das Gebäudeenergiegesetz (GEG) stellt hier besondere Anforderungen.
Instandhaltungskosten: Ältere Gebäude erfordern regelmäßige Wartung und Sanierung. Besonders Dächer, Leitungen und Fenster können kostenintensive Maßnahmen notwendig machen.
Feuchtigkeitsschäden: Aufsteigende Feuchtigkeit, undichte Dächer oder veraltete Abdichtungen können zu Bauschäden führen.
Moderne Standards: Oft fehlen Aufzüge, Tiefgaragen oder moderne Grundrisse, die heutigen Wohnansprüchen entsprechen.
Altbau und Immobilienbewertung
Bei der Immobilienbewertung von Altbauten spielen besondere Faktoren eine Rolle. Zertifizierte Sachverständigeberücksichtigen neben der Lage auch den Erhaltungszustand, durchgeführte Sanierungen und das Alter der Gebäudetechnik. Die Restnutzungsdauer wird individuell ermittelt, wobei gut gepflegte Altbauten durchaus noch Jahrzehnte wirtschaftlich nutzbar sein können.
Für die Bewertung nach dem Sachwertverfahren sind bei Altbauten besonders die Alterswertminderung und eventuelle Modernisierungsmaßnahmen relevant.
Steuerliche Aspekte
Bei der Abschreibung (AfA) profitieren Eigentümer von Altbauten mit Baujahr vor 1925 von einem erhöhten Abschreibungssatz von 2,5% statt 2% pro Jahr. Dies verkürzt den Abschreibungszeitraum auf 40 Jahre und bietet steuerliche Vorteile bei vermieteten Objekten.
Denkmalschutz bei Altbauten
Viele Altbauten stehen unter Denkmalschutz, was einerseits Einschränkungen bei Umbauten mit sich bringt, andererseits aber erhebliche steuerliche Förderungen ermöglicht. Sanierungskosten können über Sonder-AfA steuerlich geltend gemacht werden.
Fazit
Altbauten vereinen historischen Charme mit solider Bausubstanz, erfordern jedoch besondere Aufmerksamkeit bei Kauf und Unterhalt. Eine professionelle Begutachtung vor dem Erwerb ist empfehlenswert, um versteckte Mängel zu erkennen und den tatsächlichen Wert realistisch einzuschätzen.