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Energieausweis

Inhaltsverzeichnis

Der Energieausweis ist ein standardisiertes Dokument, das den energetischen Zustand einer Immobilie transparent und vergleichbar darstellt. Er ist in Deutschland für nahezu alle Gebäude bei Verkauf, Vermietung oder Verpachtung gesetzlich vorgeschrieben und dient als “Steckbrief” der energetischen Qualität eines Gebäudes. Für Immobilieneigentümer, Käufer und Sachverständige ist der Energieausweis ein unverzichtbares Instrument, um Energieeffizienz zu bewerten und Modernisierungspotenziale zu erkennen.

Rechtliche Grundlagen und Pflichten

Die Pflicht zur Vorlage eines Energieausweises ist im Gebäudeenergiegesetz (GEG) verankert, das seit November 2020 gilt und die bisherige Energieeinsparverordnung (EnEV) ersetzt hat. Nach § 80 GEG muss bei Verkauf, Vermietung oder Verpachtung von Gebäuden oder Gebäudeteilen ein gültiger Energieausweis vorgelegt werden. Diese Pflicht gilt sowohl für Wohngebäude als auch für Nichtwohngebäude.

Ausnahmen von der Ausweispflicht bestehen lediglich für:

  • Baudenkmäler
  • Gebäude mit einer Nutzfläche von weniger als 50 m²
  • Gebäude, die weniger als vier Monate im Jahr genutzt werden
  • Gebäude, die zum Abriss bestimmt sind

Bei Nichtvorlage drohen Bußgelder bis zu 15.000 Euro. Bereits bei Immobilienanzeigen müssen bestimmte Pflichtangaben aus dem Energieausweis – wie Energieträger, Baujahr und Energieeffizienzklasse – genannt werden.

Die zwei Arten von Energieausweisen

In Deutschland existieren zwei grundlegend verschiedene Typen von Energieausweisen, die sich in Aufwand, Kosten und Aussagekraft unterscheiden:

Verbrauchsbasierter Energieausweis

Der verbrauchsbasierte Energieausweis basiert auf den tatsächlichen Energieverbrauchsdaten der letzten drei Jahre. Er wertet die Heiz- und Warmwasserabrechnungen aus und ermittelt daraus einen Durchschnittswert. Diese Variante ist kostengünstiger (ca. 50-100 Euro) und schneller zu erstellen, da keine aufwendige Vor-Ort-Begehung erforderlich ist.

Vorteile: Kostengünstig, schnelle Ausstellung, basiert auf realen Daten

Nachteile: Stark abhängig vom individuellen Nutzerverhalten der Bewohner – sparsame Mieter können auch in schlecht gedämmten Gebäuden niedrige Verbrauchswerte erzeugen, während verschwenderisches Heizen selbst bei guter Bausubstanz hohe Werte liefert. Der verbrauchsbasierte Ausweis sagt daher weniger über die tatsächliche energetische Qualität des Gebäudes aus.

Zulässigkeit: Dieser Ausweistyp darf nur für Wohngebäude mit mehr als vier Wohneinheiten und einem Bauantrag vor dem 1. November 1977 verwendet werden. Bei neueren oder kleineren Gebäuden ist zwingend der bedarfsbasierte Ausweis erforderlich.

Bedarfsbasierter Energieausweis

Der bedarfsbasierte Energieausweis wird durch eine technische Analyse des Gebäudes erstellt. Ein Energieberater erfasst alle relevanten Gebäudedaten – von der Bausubstanz über Dämmung und Fenster bis zur Heizungsanlage – und berechnet daraus den theoretischen Energiebedarf nach standardisierten Verfahren.

Vorteile: Objektive Bewertung unabhängig vom Nutzerverhalten, aussagekräftig für die energetische Qualität, Grundlage für Modernisierungsempfehlungen

Nachteile: Höhere Kosten (ca. 300-500 Euro für Wohngebäude), aufwendigere Erstellung mit Vor-Ort-Begehung

Pflicht: Für Wohngebäude mit weniger als fünf Wohneinheiten und Bauantrag vor dem 1. November 1977 ist dieser Ausweis verpflichtend. Auch bei Neubauten wird stets ein bedarfsbasierter Ausweis erstellt.

Aufbau und Inhalte des Energieausweises

Jeder Energieausweis – egal ob verbrauchs- oder bedarfsbasiert – umfasst standardisierte Seiten mit folgenden Informationen:

Seite 1: Gebäudedaten

  • Adresse und Art des Gebäudes
  • Baujahr und Baujahr der Anlagentechnik
  • Anzahl der Wohneinheiten
  • Gebäudenutzfläche

Seite 2: Energiekennwerte Hier findet sich die zentrale Information: Der Energiekennwert in kWh/(m²·a), also der jährliche Energiebedarf oder -verbrauch pro Quadratmeter Gebäudefläche. Dieser Wert wird auf einer farbigen Bandtacho-Skala von grün (sehr effizient) bis rot (ineffizient) dargestellt.

Seite 3: Energieeffizienzklasse Seit Mai 2014 werden Gebäude ähnlich wie Haushaltsgeräte in Energieeffizienzklassen von A+ (beste Klasse, unter 30 kWh/(m²·a)) bis H (schlechteste Klasse, über 250 kWh/(m²·a)) eingestuft.

Seite 4: Modernisierungsempfehlungen Bei bedarfsbasierten Ausweisen sind konkrete, wirtschaftliche Vorschläge zur energetischen Verbesserung enthalten – etwa zur Dämmung, zum Fenstertausch oder zur Heizungsmodernisierung.

Gültigkeitsdauer und Aktualisierung

Ein Energieausweis ist zehn Jahre ab Ausstellungsdatum gültig. Danach muss bei erneutem Verkauf oder Vermietung ein neuer Ausweis erstellt werden. Wichtig: Auch wenn der Ausweis noch gültig ist, kann er bei umfangreichen energetischen Modernisierungen veraltet sein. In diesem Fall ist es sinnvoll, einen neuen Ausweis erstellen zu lassen, um die verbesserte Energieeffizienz dokumentieren zu können – dies steigert den Marktwert der Immobilie.

Bedeutung für die Immobilienbewertung

Für die Wertermittlung durch einen Sachverständigen ist der Energieausweis ein wichtiges Hilfsmittel:

Wertrelevanz: Immobilien mit guten Energiekennwerten (Klasse A bis C) erzielen am Markt tendenziell höhere Verkaufspreise, da niedrige Nebenkosten für potenzielle Käufer attraktiv sind. Umgekehrt können Gebäude mit schlechten Energiewerten (Klasse F bis H) Wertabschläge erfahren.

Modernisierungsbedarf: Der Energieausweis offenbart energetische Schwachstellen und gibt Hinweise auf anstehenden Sanierungsbedarf. Dies fließt als wertmindernder Faktor in die Bewertung ein, insbesondere wenn absehbar ist, dass umfangreiche Investitionen erforderlich werden.

Vergleichswertverfahren: Bei der Ableitung von Marktpreisen aus Vergleichsobjekten ist die Energieeffizienz ein wichtiges Anpassungskriterium. Immobiliensachverständige berücksichtigen energetische Unterschiede bei der Marktanpassung.

Ertragswertverfahren: Bei vermieteten Objekten wirken sich die prognostizierbaren Energiekosten auf die Netto-Kaltmiete und damit auf den Ertragswert aus. Mieter sind zunehmend bereit, für energieeffiziente Wohnungen höhere Mieten zu zahlen.

Häufige Fehlerquellen und Qualitätsunterschiede

Nicht jeder Energieausweis ist gleich aussagekräftig. Insbesondere bei verbrauchsbasierten Ausweisen können folgende Probleme auftreten:

  • Leerstandsverzerrung: Stand die Immobilie längere Zeit leer, ist der Verbrauchswert nicht aussagekräftig
  • Nutzerverhalten: Extreme Spar- oder Verschwendungsmuster verfälschen das Bild
  • Veraltete Daten: Bei Ausweisen, die kurz vor Ablauf der 10-Jahres-Frist stehen, können zwischenzeitliche Modernisierungen nicht berücksichtigt sein

Bei bedarfsbasierten Ausweisen hängt die Qualität stark von der Kompetenz des Erstellers ab. Zertifizierte Energieberater mit entsprechender Qualifikation (z. B. BAFA-gelistet) liefern in der Regel verlässlichere Ergebnisse als nicht spezialisierte Aussteller.

Kosten und Beauftragung

Die Kosten für einen Energieausweis variieren je nach Typ, Gebäudegröße und regionalem Preisniveau:

  • Verbrauchsausweis: 50-100 Euro
  • Bedarfsausweis Wohngebäude: 300-500 Euro
  • Bedarfsausweis Nichtwohngebäude: 500-1.500 Euro (je nach Komplexität)

Berechtigt zur Ausstellung von Energieausweisen sind Architekten, Ingenieure, Techniker und Handwerksmeister mit entsprechender Zusatzqualifikation. Eine Übersicht qualifizierter Energieberater bietet die Energieeffizienz-Expertenliste der Deutschen Energie-Agentur (dena).

Fazit

Der Energieausweis ist mehr als eine gesetzliche Pflicht – er ist ein transparentes Bewertungsinstrument für die energetische Qualität von Immobilien. Für Eigentümer bietet er Orientierung für sinnvolle Modernisierungsmaßnahmen, für Käufer und Mieter ermöglicht er eine realistische Einschätzung künftiger Energiekosten. In der Immobilienbewertung durch Sachverständige ist der Energieausweis ein wichtiger Baustein zur objektiven Wertermittlung, da die Energieeffizienz zunehmend zu einem preisbestimmenden Faktor am Immobilienmarkt wird. Ein aktueller, aussagekräftiger Energieausweis – idealerweise auf Bedarfsbasis – ist daher sowohl aus rechtlicher als auch aus wirtschaftlicher Sicht unverzichtbar.

Unser Leistungen

Immobilienbewertung Steinlein

Seit 2017 beschäftigen wir zertifizierte Immobiliengutachter für die Bewertung von Immobilien. Unabhängig und neutral erstellen wir Kurzgutachten (Verkehrswert), Verkehrswertgutachten sowie Markt- und Beleihungswertgutachten für finanzwirtschaftliche Zwecke. 

Fachwissen wird regelmäßig durch die HypZert, die nach DIN EN ISO 17024:2012 zertifiziert und bei der Deutschen Akkreditierungsstelle DAkkS gelistet ist, geprüft. Eine Vielzahl an Weiterbildungen im Immobilienbereich garantieren eine hohe Qualität unserer Gutachten.