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Abgeschlossenheitsbescheinigung

Inhaltsverzeichnis

Die Abgeschlossenheitsbescheinigung ist ein amtliches Dokument, das von der zuständigen Baubehörde ausgestellt wird. Sie bestätigt, dass eine Wohnung oder ein nicht-wohnlicher Raum in einem Mehrfamilienhaus baulich in sich abgeschlossen ist und über einen eigenen Zugang verfügt. Ohne diese Bescheinigung kann kein Wohnungseigentum im Sinne des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) begründet werden.

Die rechtliche Grundlage für die Abgeschlossenheitsbescheinigung bildet das Wohnungseigentumsgesetz (WEG). Erst durch dieses Dokument wird es möglich, einzelne Wohnungen oder Gewerbeeinheiten in einem Gebäude als Sondereigentum im Grundbuch einzutragen. Die Abgeschlossenheitsbescheinigung ist damit ein fundamentales Element im deutschen Immobilienrecht und bildet die Voraussetzung für den Verkauf einzelner Wohnungen in einem Mehrfamilienhaus.

Wofür wird die Abgeschlossenheitsbescheinigung benötigt?

Die Abgeschlossenheitsbescheinigung ist in verschiedenen Situationen erforderlich:

1. Begründung von Wohnungseigentum: Wenn ein Eigentümer eines Mehrfamilienhauses einzelne Wohnungen separat verkaufen möchte, muss zunächst Wohnungseigentum begründet werden. Dies geschieht durch die Eintragung einer Teilungserklärung im Grundbuch. Voraussetzung hierfür ist die Abgeschlossenheitsbescheinigung für jede einzelne Wohneinheit.

2. Umwandlung von Mietwohnungen in Eigentumswohnungen: Bei der Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen ist die Abgeschlossenheitsbescheinigung zwingend erforderlich. Ohne sie kann keine rechtliche Teilung des Gebäudes in einzelne Eigentumseinheiten erfolgen.

3. Aufteilung eines Gebäudes: Auch bei der nachträglichen Aufteilung eines bestehenden Gebäudes in mehrere Wohneinheiten wird die Bescheinigung benötigt.

4. Neubau mit mehreren Einheiten: Bei Neubauten, die von Anfang an als Eigentumswohnungen konzipiert sind, muss für jede Einheit eine Abgeschlossenheitsbescheinigung beantragt werden.

Rechtliche Grundlagen und Voraussetzungen

Die Abgeschlossenheitsbescheinigung basiert auf § 3 Abs. 2 WEG. Nach dieser Vorschrift müssen Räume, die Sondereigentum werden sollen, baulich in sich abgeschlossen sein. Dies bedeutet konkret:

Bauliche Abgeschlossenheit: Die Wohnung oder der Raum muss durch Wände, Decken und Böden von anderen Einheiten getrennt sein. Dabei müssen die Trennwände massiv sein und dürfen keine Durchbrüche aufweisen, die die Abgeschlossenheit beeinträchtigen.

Eigener Zugang: Jede Einheit muss über einen eigenen Zugang verfügen, der entweder direkt vom Treppenhaus, vom Flur oder von außen erfolgt. Ein Zugang durch eine andere Wohneinheit ist nicht zulässig.

Funktionale Vollständigkeit: Die Wohneinheit muss alle wesentlichen Einrichtungen besitzen, die für eine selbstständige Nutzung erforderlich sind. Bei Wohnungen gehören dazu insbesondere eine Küche oder Kochnische, ein Bad mit WC sowie ausreichende Wohnräume.

Brandschutz: Die baulichen Anforderungen des Brandschutzes müssen erfüllt sein. Dies betrifft insbesondere die Feuerwiderstandsfähigkeit von Trennwänden und Decken.

Inhalt der Abgeschlossenheitsbescheinigung

Eine Abgeschlossenheitsbescheinigung enthält folgende wesentliche Angaben:

  • Genaue Bezeichnung des Gebäudes (Adresse, Flurstück)
  • Lage der abgeschlossenen Wohnung oder des Raumes im Gebäude
  • Anzahl und Art der Räume
  • Größenangaben (Wohn- und Nutzfläche)
  • Bestätigung der baulichen Abgeschlossenheit
  • Bestätigung des eigenen Zugangs
  • Datum der Ausstellung und Unterschrift der Baubehörde

Die Bescheinigung wird in der Regel mit Bezug auf die eingereichten Baupläne ausgestellt. Diese Pläne müssen die abgeschlossenen Einheiten eindeutig kennzeichnen und die Grundrisse detailliert darstellen.

Beantragung der Abgeschlossenheitsbescheinigung

Die Abgeschlossenheitsbescheinigung wird bei der zuständigen Bauaufsichtsbehörde der Gemeinde oder Stadt beantragt. Der Antragsteller ist in der Regel der Eigentümer des Gebäudes. Für die Beantragung sind folgende Unterlagen erforderlich:

1. Antrag: Ein formloser oder formgebundener Antrag an die Bauaufsichtsbehörde.

2. Bauzeichnungen: Aktuelle Grundrisse aller Geschosse, aus denen die Aufteilung in die einzelnen Wohneinheiten hervorgeht. Die abgeschlossenen Einheiten müssen farblich oder durch Nummerierung gekennzeichnet sein.

3. Baubeschreibung: Eine Beschreibung der baulichen Maßnahmen, die zur Abgeschlossenheit führen.

4. Eigentumsnachweis: Grundbuchauszug oder Kaufvertrag als Nachweis des Eigentums.

5. Aufteilungsplan: Ein detaillierter Plan, der die genaue Abgrenzung zwischen Sonder- und Gemeinschaftseigentum zeigt.

Nach Einreichung der vollständigen Unterlagen prüft die Baubehörde die bauliche Abgeschlossenheit. In vielen Fällen findet auch eine Ortsbesichtigung statt, bei der ein Mitarbeiter der Behörde die tatsächlichen baulichen Verhältnisse überprüft.

Bearbeitungsdauer und Kosten

Die Bearbeitungsdauer für eine Abgeschlossenheitsbescheinigung variiert je nach Gemeinde und Arbeitsbelastung der Behörde. In der Regel ist mit einer Bearbeitungszeit von vier bis zwölf Wochen zu rechnen. In komplexen Fällen oder bei umfangreichen Gebäuden kann die Bearbeitung auch länger dauern.

Die Kosten für die Abgeschlossenheitsbescheinigung richten sich nach den Verwaltungsgebührenordnungen der Bundesländer und sind abhängig von:

  • Anzahl der abgeschlossenen Einheiten
  • Größe des Gebäudes
  • Aufwand der Prüfung

Typischerweise liegen die Gebühren zwischen 100 und 500 Euro pro Wohneinheit. Bei größeren Wohnanlagen können Pauschalregelungen günstiger sein.

Häufige Probleme und Besonderheiten

Altbauten: Bei älteren Gebäuden kann die Erlangung einer Abgeschlossenheitsbescheinigung problematisch sein, wenn die baulichen Voraussetzungen nicht vollständig erfüllt sind. Manchmal sind nachträgliche bauliche Maßnahmen erforderlich, um die Abgeschlossenheit herzustellen.

Denkmalgeschützte Gebäude: Bei denkmalgeschützten Immobilien müssen die Anforderungen des Denkmalschutzes mit den Voraussetzungen für die Abgeschlossenheit in Einklang gebracht werden. Dies kann zu zusätzlichen Abstimmungen und Auflagen führen.

Nachträgliche Veränderungen: Werden nach Erteilung der Abgeschlossenheitsbescheinigung bauliche Veränderungen vorgenommen, die die Abgeschlossenheit beeinträchtigen, kann dies rechtliche Probleme verursachen. Solche Änderungen sollten immer mit der Baubehörde abgestimmt werden.

Teileigentum: Für gewerblich genutzte Räume wird analog zur Abgeschlossenheitsbescheinigung eine Bescheinigung für Teileigentum ausgestellt. Die Voraussetzungen sind im Wesentlichen identisch.

Bedeutung für die Immobilienbewertung

Aus Sicht der Immobilienbewertung ist die Abgeschlossenheitsbescheinigung von erheblicher Bedeutung. Eine Eigentumswohnung ohne rechtswirksame Abgeschlossenheitsbescheinigung kann nicht als solche verkauft werden. Dies würde den Wert der Immobilie massiv beeinträchtigen.

Bei der Bewertung von Mehrfamilienhäusern prüfen Sachverständige daher stets, ob für alle Einheiten, die als Eigentumswohnungen verkauft werden sollen, gültige Abgeschlossenheitsbescheinigungen vorliegen. Fehlt diese Bescheinigung, muss dies im Gutachten vermerkt werden und kann den Verkehrswert erheblich mindern.

Fazit

Die Abgeschlossenheitsbescheinigung ist ein unverzichtbares Dokument im Wohnungseigentumsrecht. Sie bildet die rechtliche Grundlage für die Begründung von Wohnungseigentum und ermöglicht erst den Verkauf einzelner Wohnungen in Mehrfamilienhäusern. Eigentümer, die ihr Mehrfamilienhaus in Eigentumswohnungen aufteilen möchten, sollten frühzeitig die Beantragung der Abgeschlossenheitsbescheinigung einplanen und alle erforderlichen Unterlagen sorgfältig vorbereiten.

Für Käufer von Eigentumswohnungen ist es wichtig zu prüfen, ob eine rechtsgültige Abgeschlossenheitsbescheinigung vorliegt. Dies sollte bereits vor Vertragsabschluss geklärt werden. Bei Unsicherheiten oder komplexen Sachverhalten empfiehlt es sich, einen zertifizierten Immobiliensachverständigen hinzuzuziehen, der die rechtlichen und baulichen Voraussetzungen fachkundig beurteilen kann.

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